Schließung nach McKinsey versus Weiterentwicklung

Mit dem folgenden offenen Brief haben sich die Schulpflegschaftsvorsitzenden und Elternvertreter im Dialogforum heute (1. Mai 2023) an Kardinal Woelki und Weihbischof Puff gewandt:

Sehr geehrter Herr Kardinal,
sehr geehrter Herr Weihbischof,

vor sechs Tagen haben uns Ihre Mitarbeiter:innen zu einem „Dialogforum zur Zukunft der erzbischöflichen Liebfrauenschule Bonn“ eingeladen. Nach vier Stunden Diskussion wurde von den Vertretern Ihres Generalvikariats eingeräumt, dass ihr Verhandlungsmandat ausschließlich die Schließung der Schule umfasst, nicht eine etwaige Fortführung. – „Dialogforum“ hatten die Vertreter der Schülerinnen und Eltern anders verstanden.

Wir als Vertreter der Eltern haben klar gemacht, dass wir zum konstruktiven Dialog mit dem Erzbistum dann bereit sind, wenn sich ein „Dialogforum“ auch mit der Option einer Fortführung der Schule unter der Trägerschaft des Erzbistums befasst. Uns wurde schlussendlich zugesichert, diese Option mit Ihnen zu erörtern und uns innerhalb von 48 Stunden eine Rückmeldung zu geben.

Wir würden Ihnen vermutlich nicht schreiben, wenn diese Rückmeldung nach nunmehr sechs Tagen vorliegen würde. Tut sie nicht – leider keine Überraschung; denn nicht nur wir machen die Erfahrung, dass Ihr Generalvikariat eine black-box ist. Man kann genauso gut Lotterie spielen: Ja, es gibt eine Chance auf einen Rückruf oder eine Antwort auf eine Frage. Sie ist leider nur sehr gering.

Unsere Hand bleibt zum ernsthaften Dialog ausgestreckt. Die Schule mit ihrer über 100-Jährigen Tradition ist ein fantastischer Ort der Kirche und Bildung. Beides zusammen wird gelebt. Beides zusammen gilt es zu betrachten.

Von Ihrer Fachabteilung und externen Gutachtern wurde jedoch einzig der schulische Aspekt bewertet, nicht jedoch der Auftrag der Kirche unter den besonderen Voraussetzungen im innerstädtischen Umfeld.

Das Gutachten selber wirft zahlreiche substantielle Fragen auf, die wir aktuell gesondert beleuchten. Diese Arbeit wird Maßstab für eine qualitative Bewertung sein.

Die Aussagen Ihrer Fachabteilung jedoch, unter welchen Voraussetzungen das Erzbistum Köln nur noch bereit ist, eine Trägerschaft auszuführen, kommt einem Fanal für alle 32 erzbischöflichen Schulen im Erzbistum Köln gleich! Schulen werden in MckKinsey-Manier bewertet. Die Schulen, die diverse Kennzahlen erreichen, dürfen ggf. bleiben; die anderen fliegen raus.

Erneut: „Kirche“, „Auftrag“, „Anspruch“……kommen nicht vor.

Herr Kardinal, Sie sind gefragt!

Sie können entweder weiter auf Schließung in  McKinsey-Manier setzen oder aber gemeinsam mit der Schulgemeinschaft und Kirche vor Ort auf Neubestimmung des kirchlichen Auftrages und Weiterentwicklung des schulischen Angebots einer fantastischen Schule im Herzen von Bonn.

Als Anlage übermitteln wir Ihnen die Position und Haltung der gewählten Elternvertreter:innen zu dem von Ihrer Fachabteilung anlässlich des Dialogforums am 25. April 2023 vorgelegten Papier „Trägervoraussetzungen zum Betrieb Erzbischöflicher Schulen“.

Mit freundlichen Grüßen

Sascha Sehr,
Sandra Geuenich,
Prof. Dr. Reinhold Schnabel,
Joachim Koschnicke

P.S. Eigentlich sollten im Erzbistum Köln die Sektkorken knallen – es gibt tatsächlich engagierte Schüler:innen, Eltern und Lehrer:innen, die sich eine Fortführung einer Schule unter Ihrer Trägerschaft wünschen und sogar dafür auf die Straße und in Kirchen gehen. Und dies in Zeiten, in denen es kaum ein Mitglied der katholischen Kirche im Erzbistum Köln gibt, das nicht mindestens schon einmal über den Austritt nachgedacht hat. Man könnte darin nicht nur ungeliebten Protest, sondern vielmehr eine fantastische Chance für die Kirche sehen.

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